Mit 42 Jahren eine Ausbildung zur Erzieherin starten? Aber klar!
„Da hab‘ ich mir gesagt, jetzt packst du es an und verwirklichst deinen Traum.“ – Für Melanie Wuth stand schon immer fest, dass sie beruflich etwas mit Menschen machen möchte, einen Job mit Sinn ausüben will. Ihre Ausbildung zur Kinderkrankenschwester vor zwanzig Jahren brach sie aufgrund der Schwangerschaft mit ihrem ersten Sohn ab. Inzwischen sind die Kinder groß, der Alltag ist weniger chaotisch und der Terminkalender übersichtlicher. So stellte sich für die heute 42-jährige die Frage: „Wo soll mein Weg denn nun hingehen?“
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Als Melanie entdeckte, dass die LWL-Universitätsklinik Hamm die Ausbildung zur Erzieherin in praxisintegrierter Form anbietet, packte sie die Gelegenheit beim Schopf und bewarb sich – mit Erfolg. Seit dem 1. August 2020 arbeitet die Lünerin als Auszubildende auf der Station A6, einer allgemeinpsychiatrischen Station für Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 14 Jahren.
„Habe ich richtig reagiert?“
Die dreijährige Ausbildung zur Erzieherin gliedert sich in fachtheoretische und fachpraktische Ausbildungsabschnitte. Der Unterricht findet an der LWL-Berufsschule Hamm statt und ist nach dem Konzept des Blended Learning organisiert. So gibt es sowohl Präsenzphasen des Lernens als auch die Möglichkeit, das Wissen über Lernplattformen zu vertiefen. Referate, Projektarbeiten und Prüfungen – daran muss Melanie sich erst noch gewöhnen. „Ich muss lernen, wieder zu lernen. Meine Schulzeit ist ja schon eine Weile her, da muss ich manchmal ganz schön im Gedächtnis kramen.“ In der Klasse unterstütze man sich dabei aber gut. „Ich hatte erwartet, dass ich die Älteste bin. Bin ich aber nicht, wir sind wirklich ein ganz bunt gemischter Haufen“.
Praktische Erfahrungen sammelt Melanie im Klinikalltag. In den ersten Wochen gehe es erst einmal darum, die Abläufe auf der Station zu verstehen. Auch wenn der Kontakt und die Beschäftigung mit den Kindern im Vordergrund stehen, gehören unter anderem auch das Bearbeiten der Post, die Vorbereitung des Essens und Botengänge zu Melanies Aufgaben. „Am Anfang war ich schon sehr aufgeregt, obwohl ich ja selbst Mutter bin. Aber mit der Zeit wächst man immer mehr in die Aufgaben hinein, übernimmt mehr Verantwortung und wird selbstsicherer.“
„Habe ich richtig reagiert?“, ist dennoch eine Frage, die Melanie sich im Arbeitsalltag oft stellt. Dann kann sie sich jederzeit an ihre Anleiterin, die ihr als feste Bezugsperson zugeordnet wurde, wenden. „Wir reflektieren das Ganze gemeinsam. Das hilft mir immer sehr.“
Kein Tag ist wie der andere
Jede Schicht, jeder Tag sei anders, was den Job laut Melanie so besonders spannend macht: „Man muss auf ganz unterschiedliche Situationen reagieren und sich auf verschiedene Menschen einstellen können.“ Empathie und Teamarbeit seien da besonders wichtig. Und auch ein dickes Fell: „Es gibt natürlich schwierige Fälle, die einen dann schon sehr mitnehmen. Es gibt viele Kinder, die schwere Schicksalsschläge erlebt haben. Und das beschäftigt einen natürlich.“ Wichtig sei es, einen Ausgleich zu finden: „Sport nach der Arbeit tut mir gut, ich gehe beispielsweise laufen, um den Kopf frei zu bekommen und abzuschalten.“
In ihren ersten Wochen an der LWL-Universitätsklinik Hamm hat Melanie auch schon viele schöne Momente erlebt: „Das erste Mal, als eines der Kinder ein Bild für mich gemalt hat, da habe ich mich unglaublich gefreut. Da habe ich gedacht ‚Ach guck mal‘.“ Auch die gemeinsamen Mahlzeiten, vor allem am Abend, wenn es etwas ruhiger ist, genießt die Auszubildende. In entspannter Atmosphäre kämen hier sehr vertraute und schöne Gespräche mit den Patientinnen und Patienten zustande. Und das ist auch das, was Melanie besonders gut an dem Job in der LWL-Universitätsklinik Hamm gefällt: „Man begleitet die Kinder und Jugendlichen auf einem Teil ihres Weges. Man arbeitet mit ihnen zusammen und hilft ihnen dabei, gewisse Fortschritte zu machen und im besten Fall, wieder ein Stück Lebensfreude zu erlangen.“
Auf den weiteren Ausbildungsverlauf freut Melanie sich sehr. Einmal im Jahr wechseln die Auszubildenden die Station, um weitere Erfahrungen zu sammeln und andere Bereiche kennenzulernen. „Ich bin schon sehr gespannt auf die nächste Zeit“, so die Auszubildende.