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Wenn es schwerfällt, einzuschlafen …

Sich abends hin und her wälzen, die Gedanken kreisen, an Schlaf ist nicht zu denken. Wer kennt das nicht? Treten Schlafprobleme regelmäßig auf, kann das zu einer großen Belastung für den Körper und die Psyche werden. Warum Schlaf so wichtig ist und was hilft, um die eigene Schlafhygiene zu verbessern, erklärt Inken Kirschbaum-Lesch, Psychologische Psychotherapeutin im Interview.

Welche Bedeutung hat Schlaf für uns?

Schlaf ist für uns sehr wichtig. Wenn wir schlafen, erholen sich unser Körper und unser Geist. Wir verarbeiten dann die Erlebnisse des Tages, speichern Gelerntes sowie gesammelte Erfahrungen ab und regenerieren uns. Haben wir über einen längeren Zeitraum nicht mehr gut geschlafen, macht sich das schnell bemerkbar: Wir sind beispielsweise unkonzentriert, gestresst oder leichter reizbar. Das zeigt, dass Schlaf sowohl für unsere physische als auch psychische Gesundheit eine hohe Bedeutung hat.

Warum fällt es manchmal schwer einzuschlafen?

Das kann unterschiedliche Ursachen haben. Machen wir beispielsweise zu später Uhrzeit noch Sport oder trinken abends Koffeinhaltige Getränke, senden wir unserem Körper damit falsche Signale. Wir regen unser sogenanntes sympathisches Nervensystem an, welches für Aktivität und Stress zuständig ist. Alle Körperfunktionen werden hochgefahren. Allerdings braucht das sympathische Nervensystem mehrere Stunden, um wieder runterfahren zu können. Oft sind es auch Grübeleien, die uns vom Schlafen abhalten. Die Gedanken kreisen, wir beschäftigen uns mit einem Problem und an Schlaf ist nicht zu denken. Oder wir machen uns Druck, nach dem Motto: Wenn ich jetzt nicht schlafe, bin ich morgen für die Klausur nicht fit. Auch das ist wenig hilfreich. Ebenso spielt das Schlafhormon Melatonin eine Rolle. Melatonin sorgt dafür, dass wir müde werden. Sind wir aber abends Licht ausgesetzt – zum Beispiel durch unser Smartphone oder den Fernseher – wird das Hormon nicht ausgeschüttet. Auch das kann uns vom Schlafen abhalten.

Warum schlafen manche Menschen besser als andere?

Auch hier können die Gründe ganz verschieden sein. Zum einen gibt es da genetische und biologische Faktoren. Aus der Wissenschaft wissen wir zum Beispiel, dass der biologische Schlafrhythmus bei Jugendlichen etwas anders ist als bei Kindern und Erwachsenen – das Schlafhormon wird bei ihnen hormonell bedingt erst später ausgeschüttet. Manchmal sind es auch bestimmte Persönlichkeitseigenschaften, wie Perfektionismus oder die Neigung zum „sich Sorgen machen“, die sich da ungünstig auswirken können. Und es kommt auch immer auf die äußeren Faktoren an. Gab es belastende Ereignisse? Stehe ich unter Stress? Ist eine angenehme Schlafatmosphäre überhaupt möglich?

Wann sprechen wir von einer Schlafstörung?

Es gibt unterschiedliche Arten von Schlafstörungen. Entscheidend ist immer, ob es durch die Schlafprobleme zu einer starken Beeinträchtigung kommt. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Betroffene sich nur noch energielos fühlen, kognitiv eingeschränkt sind, sich also nicht mehr konzentrieren können und dadurch auch in der Schule, in der Ausbildung oder auf der Arbeit nicht mehr die gewohnte Leistung bringen. Zeitlich gesehen sprechen wir von einer Schlafstörung, wenn über mindestens drei Monate, drei Nächte die Woche Schlafprobleme auftreten.

Gibt es in der Klinik viele Kinder und Jugendliche, die wegen Schlafstörungen behandelt werden?

Es gibt viele Kinder und Jugendliche, die von Schlafproblemen berichten. Meist treten diese allerdings eher als Begleiterscheinung anderer psychischer Erkrankungen auf, beispielsweise bei Depressionen.

Wie helfen Sie Kindern und Jugendlichen, die von Schlafproblemen berichten?

Im Rahmen der kognitiven Verhaltenstherapie suchen wir gemeinsam mit den Patient:innen und ihren Familien nach den Ursachen für die Schlafprobleme und erarbeiten dann Strategien für einen besseren Schlaf. Jeder Patient, jede Patientin ist anders – daher ist es immer wichtig, zu schauen, welche Strategie passt. Manchmal hilft das Trainieren von Entspannungs- oder Atemtechniken, manche Kinder schreiben lieber in ein „Grübeltagebuch“ vor dem Schlafengehen. Auch die Lichttherapie ist eine Möglichkeit. Die Patient:innen setzen dann morgens für eine halbe Stunde eine Lichtbrille auf. Das Licht am Morgen kann dafür sorgen, dass das Schlafhormon Melatonin abends frühzeitig ausgeschüttet wird und wir müde werden.

Was können wir generell präventiv tun, um abends besser einzuschlafen?

Es gibt viele Möglichkeiten, die eigene Schlafhygiene zu verbessern. Wie bereits angedeutet, hilft es, sich früh am Morgen dem Tageslicht auszusetzen. Wir sollten uns am Tag so viel wie möglich an der frischen Luft bewegen und auch kurze Nickerchen vermeiden – diese sorgen dafür, dass abends der Schlafdruck geringer ist. Ratsam ist auch, das Bett wirklich nur zum Schlafen zu nutzen und nicht zum Fernsehen, Lernen oder Playstation spielen. Abends brauchen wir eine Pufferzone, damit der Körper wirklich zur Ruhe kommen kann. Sport, Essen oder Koffein direkt vor dem Schlafengehen wirken da eher kontraproduktiv. Wer abends viel grübelt, kann versuchen, Tagebuch vor dem Schlafengehen zu schreiben oder einen Gedankenstopp herbeizuführen – zum Beispiel, indem er oder sie sich ein Stoppschild vorstellt oder sich eins bastelt. Auch Atemtechniken und Entspannungsmöglichkeiten können beim Einschlafen gut helfen. Wer nachts wach wird, sollte nicht aufstehen, kein Licht anmachen und nicht auf die Uhr gucken. Auch da lieber Entspannungsübungen probieren.